Eine Pannenhilfe der besonderen Art (1)

Jun
15
2008

Wartburgfreund Sebastian ist mit seinem Wartburg gestrandet. Nein, kein Unfall, auch keine Panne an einem der vielen Autobahnkilometer, die er zurücklegt. Aufgrund "geerbter" Fahrzeugsubstanz und mangelnder Pflege bis vor einigen Monaten, ist sein gelber Wartburg Tourist in einem Zustand, daß das Auto mit erheblichen Mängeln die HU nicht bestanden hat. Und ja, er weiß es, wir wissen es, der Rost kam nicht über Nacht, er hätte schon in früheren Jahren mehr dagegen unternehmen müssen.
Aber spotten kann hier nur, wer den Schaden nicht hat. Nun mag man über ihn und die Situation denken oder gar lachen, aber dabei zusehen?? Das ist nicht nach meinem Geschmack! Viele aus der Wartburgszene kennen ihn und wissen, daß er ein umgänglicher, netter Kerl ist, der schon genug Probleme hat, als daß er noch weitere gebrauchen kann!
Hah! Wer von uns kann schon Probleme gebrauchen?
Bereits in Neureetz offenbarte sich das ganze Drama. Mit mühsam zusammengekratztem Geld (nein, Sebastian liegt niemanden auf der Tasche, er arbeitet als Gärtner!) und der Hilfe von Freunden und Verwandten, so z.B. auch Wartburg Freund Dirk L., haben diese ihm das Auto an den notwendigsten Stellen aufgearbeitet, so daß es zumindest annähernd "TÜV-tauglich" erschien und keine gravierenden technischen Mängel aufwies. Also Bremsen, Licht, Fahrwerk funktionieren einwandfrei. AU ist erledigt, Querlenker sind in Ordnung. Dennoch hat sein Auto die HU nicht geschafft, weil im wesentlichen die Karosserie unten herum (Bodenblech, Schweller, Radkästen) so stark vom Rost befallen ist, daß der gründliche Amtmann (der zwar nicht glauben mochte, daß der Wartburg über einen Rahmen verfügt) auf Reparatur und Wiedervorstellung oder auf endgültige Scheidung bestand!

Da steht er nun, der weitgereiste Wartburg! Was haben wir alle durch Kaulis-Wartburg-und-die-Kilometer bereits alles erlebt und geschmunzelt! Eine seiner letzten großen Fahrten - wenn man einmal von den regelmäßigen Fahrten zwischen Düsseldorf und seiner alten Heimat Wrietzen absieht, war die Fahrt nach Valencia im Frühjahr 2007. Damals ging ihm unterwegs der Querlenker kaputt. Angekommen in Spanien, hat man ihm das geschweißt und er ist ohne weitere Probleme wieder zu Hause angekommen.

Die folgenden Fotos habe ich mit freundlicher Unterstützung unseres Zentralen Wartburg Forums (Maddin, Warti-Ben und Sebastian) vom ZWF aus verlinkt.
Bild links: Sebastians Wartburg auf der Hebebühne bei Olaf (Sebastian im roten T-Shirt), Frau "Warti-Ben" und Olaf.
Bild mitte und rechts: erhebliche Durchrostungen in Radkästen und Unterboden

 

Folgende Bilder: erhebliche Durchrostungen in den Radkästen und Schwellerbereich

 

Folgende 3 Bilder: Das Blech ist stellenweise (großflächig) so in Rost übergegangen, daß der Rost beim Anklopfen in großen Mengen herunterfällt. Keine Chance, "mal eben" ein neues Blech anzuschweißen. Die Substanz hat schon das "Blätterteigstadium" verlassen und könnte eher als "Blumenerde" beschrieben werden.

 

Mehr als eine Vereinssache

Es ist in der Tat nicht leicht, immer und immer mit den gleichen Sorgen und Nöten aufzutauchen: kein Geld, kein technischen Durchblick, Laterne als Unterstand und hunderte Kilometer von der Heimat entfernt. Stets immer die gleichen Probleme. Wie schön wir es doch haben, vieles selbst zu reparieren, zu restaurieren. Ich kann das nachfühlen, wenn es um Schweiß- und Lackierarbeiten geht, bin ich auch stets auf die Hilfe anderer angewiesen. Frühere Werkstatterfahrungen sind da echte Lehrjahre!
Hier möchte ich ganz besonders (neben seinem Onkel) Dirk L. erwähnen, der anders als so mancher, immer und immer wieder helfend Sebastians automobile Sorgen angenommen hat. Auch wenn ein kleiner Obolus fällig wurde, so hat er doch weitaus mehr an Material, Arbeit und Zeit investiert! Im Grunde ist Dirk der Ersthelfer!
Darüber hinaus haben sich auf den Treffen immer wieder auch andere Wartburg Freunde eingesetzt, z.B. ihm spontan beim Austausch seiner Türen zu helfen.

gestrandet

Nach dem die Hoffnung auf Hilfe schon fast aussichtslos war, faßte sich Olaf ein Herz. Er kennt Sebastian seit vielen Jahren und weiß, daß er nicht in der Situation ist, sich selbst zu helfen.
Es droht das endgültige Aus! Abmelden, Behördengänge, weitere Kosten, Entsorgung! Auf Jahre keine Chance, überhaupt noch einmal Auto zu fahren. In dieser Situation - und die kann vermutlich nur nachvollziehen, wer selbst schon vom Leben gebeutelt wurde - bot also Olaf Hilfe an.
Am letzten Wochenende (07.06.08) war es dann soweit. Sebastians Wartburg fuhr trotz allem Rost ohne weiteres zu seiner entscheidenden Etappe quer durch Deutschland, direkt die Wartburg Werkstatt. 
Die Mängelliste der HU für Sebastians Wartburg ist nicht lang, dafür aber sehr markant!
Ein kritischer Blick auf die typischen Schwachpunkte einer ungepflegten Karosserie offenbarte Schlimmes! Bei Sebastians Wartburg hilft kein Auswechseln eines Stückes Blech, das Einsetzen einer Schwellerspitze.
Obwohl Sebastian über zahlreiche Ersatzreparaturbleche verfügt, war allen Anwesenden völlig klar, daß die gesamte Karosserie in einem so stark verrostetem Zustand ist, daß nur eine Totalsanierung hilft und möglich ist. Alle Radkästen, Bodenblech vorn, hinten, Schwellerenden, Reserveradmulde, Seitenwände, C-Säulen sind so heftig durchgefault, daß das Einschweißen von Reparaturblechen mit den dazu erforderlichen Arbeiten (Zerlegen, Reinigen, Nachbehandeln,...) nur mit einigen Wochen/ Monaten konsequenter Arbeit zu erledigen wäre.
Das übersteigt jedoch die Möglichkeiten aller Hilfegebenden und vor allem die von Sebastian. Nicht, das man die Karosserie beim Olaf nicht wieder in einen perfekten Zustand versetzen könnte! Leider jedoch steht das außerhalb eines jeden vernünftigen wirtschaftlichen Rahmens!

Organisationskomitee

Guter Rat war nicht teuer. Schnell überlegten wir uns eine neue Lösungsstrategie! Das Auto braucht eine würdige Austauschkarosserie! Die damit verbundenen Arbeiten, einmal vom Transport abgesehen, sind dann überschaubar. Schon früher einmal boten zahlreiche Wartburgfreunde ihm Hilfe an. Darauf angesprochen, erklärten sich viele sofort zu einer Spende bereit. Die Aussagen diesbezüglich im Forum und Chat waren alles andere als eine Phrase! Olaf richtete ein Spendenkonto ein, daß bereits nach einer Woche die Hälfte der erforderlichen Summe für den Ankauf eines passenden 500 Euro teuren Spenderfahrzeuges enthielt. Großen Dank an die fleißigen und außerordentlich bereitwilligen Spenden für diesen guten Zweck! Ein großes Dankeschön auch an alle, die sofort auch ihre praktische Hilfe zugesichert haben!
Damit rückt die Wiederflottmachung des gestrandeten Wartburgs in greifbare Nähe und wir haben ein großes Ziel: zum größten Wartburgtreffen in Dornburg (~knapp 14 Tage bis dahin), versuchen wir Sebastians Auto mit HU-Segen wieder flott zu bekommen! Ob wir das in so kurzer Zeit schaffen, ist nicht klar, aber machbar ist es!
Inzwischen haben sehr viele Leute auf die eine oder andere Weise ihre Unterstützung angeboten. Über so viel Herz freue ich mich sehr! Und Wartburgfreund Sebastian (Sebastian) noch viel mehr (er war tränenreich gerührt), denn für ihn machen wir das alles!

Wartburgfahrer und ihre Schicksale

Viele unserer Wartburgfreunde haben ein hartes Schicksal, daß eigentlich mehr Aufmerksamkeit bekommen sollte! In unserem Zentralen Wartburg Forum sind wir lose und ohne sog. Vereinsleben miteinander verbunden. Wir haben uns über unser gemeinsames Hobby kennengelernt, manche sogar persönlich. Daraus sind auch Freundschaften entstanden und regelmäßig gemeinsam aufgesuchte Treffen. Von daher wissen wir natürlich von so manchem treuen Wartburgfreund und dessen Schwierigkeiten. Und ich denke, ich spreche für viele von uns wenn ich sage, alle hätten es verdient, Hilfe zu bekommen!
Einem ist sein Wartburg dieser Tage verunfallt worden. Trotz Müh und gesundheitlicher Angeschlagenheit, hat er sein Auto liebevoll aufgebaut und nun ist es kaputt. Ein anderer liegt zum wiederholtem mal mit Herzproblemen im Krankenhaus, viele haben neben massiven gesundheitlichen Problemen zudem erhebliche Not mit ihrem Arbeitsplatz, diesen zu erhalten.
Das Forum offenbart so manches Problem, für das diese Gesellschaft sich nicht zuständig zeigt. Neben dem Spaß und Hobby am Wartburg ist letztlich dieser oftmals tatsächlich die letzte Möglichkeit in diesem Land die von der Politik geforderte Flexibilität der sog. Arbeitnehmer zu ermöglichen.

Das Forum zeigt aber auch, es jammert niemand! Alle meistern ihr Tagewerk tapfer!
Leider kann nicht jedem so geholfen werden, wie es das Beispiel von Sebastians Wartburg zeigt. Dennoch bin ich zuversichtlich, daß ein Hilferuf im ZWF nicht überhört wird! Die Hilfsbereitschaft vieler Mitbürger und IFA-Freunde läßt sich am Erfolg der IFA-Pannenhilfe zeigen, in der hunderte Freiwillige, ehrenamtliche Pannenhelfer vereint sind! Auch hier gab zwischenzeitlich bereits Hilfsangebote!

Auch wenn Sebastians Wartburg aus der einen oder anderen Sicht vielleicht beneidenswert sein sollte, so wollen wir ihm das Glück gönnen, das er dabei hat. Denn am Ende tauschen will auch keiner mit seinen Sorgen. Und können wir Helfer anschließend nicht alle stolz, froh und glücklich sein, ein gutes Werk getan zu haben?!

Vielen Dank und herzliche Grüße
WartburgPeter


Jul
06
2008

Achtung! Die Aktion ist zwischenzeitlich mit Erfolg beendet! Weitere Spenden zu dieser Aktion sind nicht mehr erforderlich.

Lesen Sie hier weiter, wie alles zum erfolgreichen Ende gebracht wurde.