Eine Pannenhilfe der besonderen Art (2)

Jul
6
2008

Über die enorme Begeisterung für die Solidarität unter Wartburg Freunden haben wir uns natürlich gefreut und waren zu gleich darüber überrascht. Die meisten, wie wir auch, haben so etwas in heutigen Tagen für beinahe unmöglich gehalten. Nachdem zahlreiche Spenden durch unseren Aufruf im ZWF eingegangen waren, haben wir, Olaf, Ben und ich, natürlich entsprechende Zwischenberichte im Forum zum Stand der Arbeiten abgegeben.
Etwas Spaß und Neugier müssen sein und so haben wir über das Aussehen des Wartburgs bis zur Übergabe ein Geheimnis gemacht. Eine Idee vom Ben.
Zwischendurch entstanden also diese beide Fotos, einmal unmittelbar vor und einmal unmittelbar nach der HU-Abnahme.  

 

Jun
17
2008

Aber zurück zum Anfang! Die Spendenaktion lief kaum 1 Woche, da haben Olaf und Ben das Auto, daß die Karosserie für Sebastians Wartburg spenden soll, am Montag/ Dienstag geholt.
Der Transport war nicht ganz einfach. Auf dem Gelände der Werkstatt von Olaf angekommen, begannen die Kollegen dort gleich mit der Demontage des Wartburgs.
Es galt ein straffer Terminplan. Zum großen Wartburg und Oldtimertreffen in Dornburg am 28.06.08 sollte das Fahrzeug fix und fertig hergerichtet, incl. HU-Abnahme an seinen Besitzer übergeben werden! Kaum 10 Tage und parallel muß auch noch das Hoffest von Olaf vorbereitet werden!
Im Bild in der Mitte sieht man noch beide Wartburgs selbständig nebeneinander stehen. Links der "neue" und rechts Sebastians gelber alter Wartburg.  

 

Wie schon beschrieben, ist die gelbe Karosserie von Sebastians Wartburg in einem so dramatisch schlechtem Zustand, daß eine Reparatur zwar möglich, aber für ihn nicht leistbar ist. Die HU ist seit April abgelaufen und der Wagen steht seit einiger Zeit bei Olaf auf dem Hof.
"Man nehme eine Austauschkarosserie...", das klingt zunächst relativ simpel. Motor und Getriebe Fernbedienungen abklemmen, ein paar Schrauben hier, ein paar Schrauben da, schon kann die graue Karosserie auf den Rahmen des gelben Wartburg wechseln und fertig!
Doch so einfach ist das nicht! Beide Fahrzeuge sind inzwischen über 20 Jahre alt und es sind auch am Spenderfahrzeug reichlich Spuren belebter Vergangenheit vorhanden.  

 

Die graue Karosserie befindet sich zwar in einem deutlich besseren Zustand, jedoch hat auch sie an einigen Stellen erhebliche Durchrostungen. So auf beiden Seiten am Tanktunnel, den Radhäusern hinten, sowie der Schweller vorn rechts. Hinzukommen noch unzählige Details, wie z.B.

  • Riß in der Türhaut hinten rechts
  • stümperhaft eingeschweißter Tankstutzen
  • verbastelte Kofferraumbodenklappe
  • laienhaft verlegte Anhängersteckdose, sowie Anhängerzugvorrichtung
  • demolierte Rücksitzbank und deren Befestigung
  • defekte Gurtbefestigung hinten rechts

Eigentlich ist die Liste länger, aber nicht alle Probleme, die die Karosserie hat, sind sicherheitsrelevant. Aufgrund des knappen Zeitplanes und des engen Budgetrahmens mußten wir uns auf die notwendigsten Dinge beschränken.
Hinzu kamen noch der notwendige Umbau von Lenkrad- auf Knüppelschaltung, Umbau von Mittel- auf Frontkühler, Arbeiten an der E-Anlage.

Zügig machten sich Olafs Mitarbeiter Ute, Tobias, Robin und Armin an die Arbeit und reparierten die Problemzonen an der grauen Karosserie fachgerecht.  

 

 

Kaum zu glauben, aber wahr! Der graue Wartburg hatte angeblich einen Oldtimerpaß! Der technische Zustand ist geradezu abenteuerlich! Es zeigte sich bald, daß der Wartburg aus einigen Teilen zusammengesetzt und lieblos überlackiert wurde. Man sagt wohl auch "Verkaufslackierung" dazu. Dreck, so hart wie Beton, total verschmierter Motor/ Getriebeblock, verdrehte Bremsschläuche, verrostete Bremsen, deformierte Karosserieauflagegummis, um nur ein paar der Spezialitäten zu nennen, die dieses Fahrzeug zierten. Der Motor gab seinen Geist während des Abschleppens auf. Auch dieses Fahrzeug hätte die HU nicht geschafft! Aber für 500 Euro kann man bei einem über 20 Jahre alten Fahrzeug nicht mehr erwarten. Interessant, daß der Vorbesitzer damit mehrere Jahre zu Oldtimertreffen gefahren ist!  

 

 

Jun
21
2008

Am Sonnabend, trafen mein Sohn und ich in der Werkstatt ein, um bei dem Projekt tatkräftig mitzuarbeiten. Zwischenzeitlich hatten Olaf und seine Kollegen die graue Karosserie soweit aufgearbeitet, daß sie auf Sebastians Fahrgestell gesetzt werden konnte.
Also begannen wir damit, den gelben Wartburg vorzubereiten, denn die Karosserie mußte runter...
Statt Schrauben zu lösen, wurde daraus zunächst eine Entrümpelungsaktion. Neben 3 Säcken Müll, gab es noch Unmengen Ersatzteile, 20l Wasser, div. Öl usw.  

 

Mehr und mehr trat die ganze Wahrheit an das Tageslicht. Massive Schäden, die nicht erst innerhalb der letzten 2 Jahre eingetreten sein können. Die gelbe Karosserie ist im Grunde Schrott und überall durchgerostet!  

 

 

 

Jun
22
2008

So arbeiteten wir mal an dem einen, mal an dem anderen Auto. Irgendein Spaßvogel hat die Kabel für die Anhängersteckdose direkt unterhalb der Seitenfenster heraus- und von da aus direkt zur Anhängerzugvorrichtung geführt. Das konnte so nicht bleiben.

Dann gehörten natürlich auch die Reinigung des "neuen" Motorraumes, der Radkästen und des Fußraumes zum Programm, denn das Auto sollte noch einige Teillackierungen und abschließende Mike-Sanders-Konservierung bekommen.  

 

 

Jun
23
2008

Olaf setze sich mit der Instandsetzung der Bodenklappe auseinander, während sein Kollege Tobias sich des verrotteten Schwellers annahm. Zwischenzeitlich begann ich mit der Demontage der gelben Karosserie, nachdem wir von der vorerst letzten Fahrt zur Reinigung des Fahrgestells zurück kamen.
Letzte Anpassungen an der grauen Karosserie nahmen gestalt an: die Aufnahme für die Knüppelschaltung wurde eingearbeitet (hat im übrigen perfekt und auf Anhieb funktioniert).  

 

 

 

 

Wir waren alle recht zuversichtlich, unsere selbstgestellten Ziele zu erreichen, haben dafür jeden Tag bis zum Dunkelwerden gearbeitet. Doch dann stand Sebastians Fahrgestell in seiner ganzen Pracht vor uns und benahe dachten wir ans Aufgeben!
Ein stark angegammelter Rahmen, zerlöcherte Benzinleitung, verrostete Bremsleitungen, morsche Karosserieaufnahmegummis. Das wir die Gummis in den Querlenkern wechseln mußten, davon sind wir ausgegangen.
So wurde der Tag noch ein paar Stunden länger, nachdem wir die düsteren Gedanken beiseite geschoben hatten.

Wir arbeiteten parallel an mehreren Stellen des Fahrgestells gleichzeitig. Reparierten die Benzinleitung, setzen zwei neue Bremsleitungen ein, erneuerten die Querlenkergummis, reparierten die Karosserieaufnahme.
Dann kam das nächste Grübeln: die Hinterachse ließ sich nicht Entlüften. Kein Tropfen Bremsflüssigkeit kam dort an! Also noch einmal alles auseinander. Ein Krümchen Dreck hatte sich im hinteren Verteiler breit gemacht. Auch dieses Problem konnte schließlich gelöst werden.  

 

 

 

Immerhin haben wir es trotz aller Widrigkeiten geschafft, die Karosserie noch Montag Nacht auf Sebastians Fahrgestell zu setzen.
Die anfallenden und auf das notwendigste beschränkten Arbeiten fingen an Überhand zu nehmen. Nach einem kurzen Telefonat mit Ben, stieß er für die nächsten Tage zu uns. Ohne seine Unterstützung hätten wir das nicht geschafft!  

 

Jun
24
2008


Nächsten Tag hat sich mein Sohn mit der Inneneinrichtung des "neuen" Wagens beschäftigt:

  • Lenkradschaltung abgebaut
  • Türverkleidungen ausgetauscht
  • Rücksitzlehne gewechselt
  • Seitenpolster und Dachverkleidung gewechselt

So leicht, wie sich das liest, ist dieser Fummelkram jedoch nicht.
Während dessen schaute also Ben nach dem einen noch zu machenden Kugelkopf, dessen Manschette gerissen war um dann mit der Diagnose aufzuwarten, daß nicht nur alle Manschetten aller Kugelköpfe defekt seien, sondern auch die der Spurstangenköpfe. "Ob wir das nicht am Abend zuvor gesehen hätten" - Nein, da war für eine solche schockierende Botschaft kein Platz mehr!

Wieder übermannten uns Zweifel, ob wir unseren Zeitplan (HU am Donnerstag) schaffen...
Während sich Ben und Robin aller Manschetten annahmen (ein Kugelkopf war Schrott) - und dafür muß nun einmal die Vorderachse zerlegt werden, baute Robin vorneweg schon einmal die Vordertür ab und löste den Kotflügel. Denn um den Schweller vollends zu reparieren, muß dort Platz geschaffen werden.

...und die Zeit rinnt dahin, statt zusammenzuschrauben, zerlegen wir weiter....  

 

 

 

 

 

Ohne die Möglichkeiten in Olafs Werkstatt, hätten wir bei der Demontage der Kugelköpfe sicher erhebliche Probleme gehabt. Es muß wohl nicht extra erwähnt werden, daß die Dinger bombenfest saßen.
Bereits am Vormattag war die Achse wieder montiert.
Dann kam nach über einer Woche Wartens endlich der beim Lackierer teuer angemischte Lack. Warum das so lange brauchte, wissen wir nicht. Die Ernüchterung folgte auf dem Fuß. Der Lackierer hatte zwar das Frontmittelteil zur Farbbestimmung, aber der angemischte Lack war am Ende viel Heller!

Die zwischenzeitlich reparierte und grundierte Tür, sowie das gelbe Frontmittelteil konnte Robbin nun fertig lackieren. Selbstverständlich haben wir auch Teile des Innenraumes und auch die Spritzwand im Motorraum mit lackiert.

Aufgrund der fleißigen Spender konnte Olaf auch für die Felgen Lack kaufen und so bekamen diese ebenfalls eine schönere Optik.  

 

Viele tausend Handgriffe gingen in wenigen Tagen an dem Auto vorüber, aber man kann in zehn Tagen nicht das aufarbeiten, was jahrelang versäumt wurde. Und so wird noch einiges an Arbeit für später bleiben müssen - ein neuwertiges Auto, darum ging es eh nicht.
Schrauben werden natürlich gefettet und mit vereinten Anstrengungen gelingt es uns schließlich, das Frontmittelteil in die Karosserie einzusetzen.  

 

Ab jetzt rückt das Ziel immer näher. Ich schließe den Kühler an, kleinere Mängel werden gleich mitbehoben. Vor Tagen hatte bereits Olafs Vater das Thermostatgehäuse gangbar gemacht. Nun sitzt ein neuer Thermostat darin.
Robin hat noch eine Halterung für den Ausgleichsbehälter konstruiert, denn diese Karosserie kannte den benötigten Befestigungsort noch nicht. Wieder einer von vielen unerläßlichen Handgriffen, die in Gemeinschaft schneller von der Hand gehen.

Während Robin die Türen einbaut, beschäftige ich mich mit der Elektrik und beim Prüfen helfen alle mit.
Wackelkontakte und Korrosion an allen Lampen. Der Draht zur Hupe ist tot! Zumindest die Anhängersteckdose, die ich zwei Tage zuvor montierte, funktioniert.  

 

 

Jun
25
2008

Die Zeit rennt dahin und wir haben die Idee, statt erst am Donnerstag bereits Mittwoch zur HU zu fahren! Im Falle eines Mangels hätten wir so noch eine Chance, rechtzeitig das Auto fix und fertig zu bekommen.
Nun Räumen wir das Auto ein, ein paar Teppiche, notwendiges Zubehör:

  • Reserverad
  • Lampenkasten
  • Verbandskasten
  • Werkzeug
  • Abschleppseil
  • Starterkabel
  • Keilriemen
  • Warnweste
  • Warndreieck
  • Wagenheber
  • Zweitaktöl

Es ist später Nachmittag und Tobias muß weg, soll aber noch mit auf das gemeinsame Foto. Also steige ich in den Wartburg und ohne viel Aufhebens darum, daß das ja "seine erste Fahrt nach Wiederauferstehung" ist, starte ich und fahre auf den Platz. Alles funktioniert wie selbstverständlich, er spring sofort an, fährt, lenkt, bremst korrekt.

Zwei drei Handgriffe noch, dann geht es zum "TÜV". Olaf und mein Sohn fahren dorthin. Inzwischen kommt ein stürmisches Regenwetter auf, während wir übrigen daran gehen, die Werkstatt aufzuräumen und unser "Abendgrill" vorzubereiten.  

 

Alle erforderlichen Formalitäten, sowie die längst fällige HU wurden bei der DEKRA vorgenommen. Das Auto bekommt seine HU ohne Probleme, auch wenn es geringe Anmerkungen zum Bericht gibt:
- Der AU-Prüfbericht lag nicht vor und
- die Handbremse hatte leicht ungleichmäßige Wirkung, was sich jedoch durch Nachstellen beheben läßt.
Nebenbei stellten Olaf und Peter jun. fest, die Fahrt zur DEKRA war gleichzeitig die Probefahrt. Wir haben eben alle Zutrauen in unsere Arbeit!  

 

Hurra! Geschafft! Nun kann gefeiert werden, bei reichlich Milch, Kakao und ein paar Semmeln :-)  

 

Das Feiern sah dann meist Abends so aus, wie hier auf den Bildern angedeutet.
Aber an diesem Abend gab es dann eine besondere Veranlassung, Ben lud uns zu seiner Silbermannorgel im Nachbarort ein, wo wir eine tolle Führung in die Hintergründe und Geheimnisse der Orgel und der Kirche erhielten. Selbstverständlich sorgte er für flotte Klänge auf dem historisch wertvollem Stück und wir lauschten andächtig dem herrlichen Spiel!
 

 

Plan vorfristig erfüllt! Zeit für ein paar schicke Bilder!  

 

 

Jun
26
2008

So blieb am Donnerstag noch genug Zeit, wichtige Stellen des Fahrzeugunterbaus und der Karosserie mit Mike-Sanders-Fett zu behandeln.
Sebastian bekommt mit der freundlichen Unterstützung vieler, hauptsächlich aus den Kreisen unseres gemeinsamen Zentralen Wartburg Forums, ein Auto zurück, das zwar nicht perfekt, aber wieder auf einem Niveau sich befindet, daß nicht nur verkehrs- und betriebssicher ist, ein ordentliches Erscheinungsbild im Straßenverkehr hat, sondern darüber hinaus erhaltenswert für die Zukunft ist!  

 

 

Jun
28
2008

In Dornburg konnte die Übergabe an den glücklichen Besitzer feierlich vollzogen werden. Mit auf den Weg gab es einige Pflegehinweise und Verhaltensregeln, das Auto soll ja schließlich fitt für die Zukunft sein.
Noch in Dornburg sind ca. 150 Euro als Barspende eingegangen.
Insgesamt sind etwa 1.000 Euro gespendet worden.
Neben dem Auto, konnten auch Lack, Grundierung, Rostschutz, Kleinmaterial, sogar Felgensilber und reichlich Mike-Sanders-Fett beschafft werden. Ebenfalls Gummidichtmasse für die Scheiben (hier muß noch einmal nachgearbeitet werden beim nächsten mal).  

 

 

Ohne die Möglichkeiten in Olafs Werkstatt wäre das alles kaum möglich gewesen. Nicht nur das das Platz braucht, man muß auch mal eben 2 Karosserien rollbar parken können, um Sebastians Fahrgestell aufzupeppeln.
... Und dann merkt man plötzlich, das man noch alle Gummis für die Kugelköpfe braucht, ebenfalls für die Querlenker und schließlich auch noch Bremsleitungen. Durch die großzügige Sebastianspende jedoch kein wirkliches Problem, das ließ sich alles nebenan beschaffen.

Unser aller - und insbesondere Sebastians Dank (ja, ich darf das so schreiben) gilt nicht nur den vielen netten Wartburg Freunden mit Herz, die sich z.T. mit erheblichen Spendenbeträgen beteiligt haben, sondern auch den fleißigen Helfern vor Ort, ohne deren tatkräftige Unterstützung das unmöglich geworden wäre. Besonderer Dank geht an Olaf und seiner Mannschaft, die ca. 270 Arbeitsstunden kostenfrei zur Verfügung gestellt hat!!

Nun fährt unser Sebastian wieder mit einem Auto, daß seinem Alter entsprechend in einem guten Zustand ist. Ja, es hat seine Schrammen und Beulen und ist innen hier und das vielleicht abgewetzt. Die Karosserie hat leichten Rost, z.B. im Bereich der Türfalze, aber beherrschbar und nicht bedrohlich.
Der 22 Jahre alte Rahmen benötigt jedoch dringend eine Frischzellenkur innerhalb der nächsten zwei Jahre und auch der Motor mit seinen ~180.000km wird nicht ewig halten... diese Maßnahmen stehen jedoch auf einem anderen Blatt.

Uns allen, die wir am Auto geschraubt haben, hat es Spaß gemacht und für meinen Teil würde ich das noch einmal machen, wenn es darauf ankäme!