Getriebewechsel Wartburg 353

Tobias hat dieser Tage sein Getriebe gewechselt und mir Fotos dieser Aktion geschickt. Ich nehme diese Unterstützung gleich zum Anlaß, ein paar Kommentare zum Getriebewechsel loszuwerden. Lesen Sie, was Tobias schreibt:

Hallo in die Runde

Nachdem ich dieses Wochenende damit verbaselt habe, mein Getriebe zu wechseln, möchte ich hier meine Erfahrungen kund tun. Die mich schon länger kennen, kennen auch mein ewiges Gerede um den Wechsel meines Getriebes. Ich kam mir schon fast so vor wie Holgi (der aus den Werner-Comics: „Und bei mein Porsche muß ich auch noch bei…“). Die Gründe dafür waren: Der Freilauf lief in Situationen frei, wo er hätte greifen müssen. Sehr lustige Situation: Man steht an der Ampel, hat den ersten Gang drinne, und das Auto fährt einfach nicht los. Sehr lustig das. Bis der „Kerl da vorne mit seinem alten Geraffel“ den Leerlauf wieder drinn hatte, die Kupplung ein-zwei-dreimal getreten hatte, den Gang wieder drinne hatte, war meisten schon wieder rot. Die Ursache war mir ja bekannt. Der Achtkant auf der ersten Getriebewelle ist eingelaufen. Das passiert vor allem dann ganz schnell, wenn man beim Hochtouren des Motors zu hektisch auf’s Gas latscht, und dann der Freilauf ruckartig greift. Außerdem war auf der ersten Getriebewelle (mindestens) ein Lager hinüber. Die Welle klang auch bei gesperrtem Freilauf nicht sehr toll. Das neue Getriebe lag schon etwas länger hinter dem Auto, aber es war mir halt immer etwas zu kühl. Parkhaus: Innentemperatur = Außentemperatur. Hier nun meine Erfahrungen:

1. Was schief gehen kann, wird auch schief gehen. (Murphy hat am Wochenende Überstunden geschoben) Deshalb für alle Eventualitäten gewappnet sein.

2. Es ist einfacher, Motor und Getriebe außerhalb des Autos zu vereinigen, und zusammen rein zu heben. Der verwendete Kran sollte aber dann der Last auch gewachsen sein. Meiner war’s nicht. Getriebe allein reinheben geht schwierig, weil der Schwerpunkt des Getriebes zwischen dem Differential und dem Hebelchen des Freilaufs liegt, und damit genau unter dem Rahmenquerträger. Man müßte also von hinten unten was drunterbauen. Aber Motor und Getriebe zusammen haben den Schwerpunkt auf Höhe der Kupplungsglocke (vielleicht etwas davor) und lassen sich recht gut einfädeln. Dabei sollte man beachten, daß man nicht an die Schläuche vom Bremsflüssigkeitsbehälter zum Hauptbremszylinder kommt. Vor allen Dingen, wenn diese so brüchig sind, wie meine waren. Egal, jetzt sind da erst mal gar keine Schläuche mehr. D. h. die Montage der neuen Schläuche (und das Entlüften der Bremse) sind erst mal hintenangestellt. Noch gibt’s wichtigeres (s. u.). Und das mir, der ich propagiere, alle alten Gummis konsequent zu wechseln. Peinlich, peinlich.

3. die hintere Getriebelagerung läßt sich besch…eiden festschrauben. Schon alleine, weil ständig der Kniest auf einen runterrieselt. Vom Einfädeln des Bolzens ganz zu schweigen.

4. wenn man (so wie ich) die oberen Querlenker wechseln will, sollte man das mit einem originalen Federspanner tun (so man einen auftreiben kann), den man anstelle des Stoßdämpfers einsetzt, und dann die gespannte Feder mit Klammern sichern kann. Bei Universal-Federspannern ist einem eigentlich ständig der Hebel von der Lenkung oder der Querlenker beim Schrauben im Weg. Das hält ewig auf!!!

5. die oberen Querlenker beim 353 sollte man regelmäßig überprüfen. Bei meinen alten waren die Federteller recht heftig vergammelt. ACHTUNG: Hinter der Stoßdämpferbefestigung ist ein Loch im Federteller. Dies dient der Entwässerung und sollte regelmäßig kontrolliert werden, damit sich kein Dreck im Federteller festsetzen kann.

6. die Hebelei der Knüppelschaltung ist eigentlich eine ziemlich einfache Konstruktion. Das bedeutet aber nicht, daß das Einstellen derselben einfach wäre. Bisher ist es mir noch nicht richtig geglückt. Irgendeine Ebene klemmt immer. Aber ich bleibe hartnäckig!

7. Gelenkwellen. Ein Thema zum verzweifeln. Versucht nie, die Gelenkwellen raus zu nehmen, ohne noch vorher die Zentralmutter bei auf’n Rädern stehenden Auto zu lösen. Wer das vergißt (so wie ich) ist schon verloren. Wenn einem dann noch ein Ring vom Zapfenstern abfällt (ich hatte sie gesichert, keine Frage), kann man sich eigentlich nur noch erschießen. Ich hatte beim Einbau dann irgendwie eine Hand zu wenig, um den unteren Ring vom Zapfenstern festzuhalten und bin wohl irgendwo angeeckt. Wenn man dann noch (trotz mehrmaligen Nachzählen beim Reinfummeln der Nadeln – übrigens hilft Fett da ungemein, um sie festzukleben) nach dem Zusammenbau eine übrig gebliebene Nadel auf dem (glücklicherweise) untergelegtem sauberen Tuch findet, beginnt man sich zu fragen, warum man sich das ganze antut.

8. wer dann noch ein Zündkerzengewinde vermurkst, dem ist überhaupt nicht mehr zu helfen.

9. Schlauchschellen von Deutschlands größtem Autoteile-Händler (die mit dem roten Logo und den drei Buchstaben) taugen keinen Schuß Pulver. Edelrost stahlfrei hin, Rostfreier Stahl her. Wenn die Dinger schon durchdrehen, wenn man sie ohne Schlauch zusammenschrauben will, sollte man die Finger davon lassen. Da lob ich mir doch meine gute alte Dosenschlauchschelle zum selberfummeln. Wenigstens habe ich da keine zwanzig unterschiedlichen Schlüsselweiten zu beachten. Wo hab ich denn nur die ScheixxxQuittung? Übrigens: Die Originalschlauchschellen an der Spritleitung sind auch nicht viel besser! Meistens quetschen die den Schlauch an der Stelle, wo die Schraube sitzt, zu einer Tüte, und da kann dann das gute Zweitaktbenzin munter rausrieseln…

10. Auf einer Hebebühne ist das ganze einfacher zu erledigen, als bei aufgebocktem Auto.

11. Rollbretter von Deutschlands größtem Elektronikversandhaus taugen ebenfalls keinen Schuß Pulver. Ich bin nun wirklich kein Schwergewicht! Trotzdem hat das Scheißding unter mir eine Rolle von sich geworfen. Wo hab ich nur die ScheixxxQuittung?

12. Wer einen Weg findet, Zweitaktkniest als Kleber zu nutzen, kann ein Vermögen machen. Der festgebackene Dreck von 15 Jahren geht kaum ab. Selbst Drahtbürsten verstecken sich davor.

13. Die Muttern von den Schwenklagergelenken sollten laut Handbuch mit einem bestimmten Drehmoment angezogen werden. WIE soll das, bitteschön gehen?

Ihr seht also: Ich habe mich dran versucht, aber ich bin (im großen und ganzen gesehen) wohl doch eher gescheitert. Ursachen: Selbstüberschätzung, sicherlich, bzw. Unterschätzung der Tücken des Objekts. Aber noch habe ich Zeit, und so schnell gebe ich nicht auf. Den Trick mit dem Gelenkwellenausbau habe ich jetzt raus (muß jetzt nur noch rausfinden, wo genau die eine übrige Nadel hingehört), die Hebelei des Schaltknüppels werde ich auch wieder in Griff kriegen (Holger hat mir schon seine Hilfe angeboten – auch hier danke dafür), und ich hoffe, daß die nette Werkstatt nebenan einen Helicoil-Einsatz in der richtigen Größe da hat. Für den Notfall (aber nur für den!) habe ich auch noch einen überholten Zylinderkopf im Keller liegen.

Tobias


Wenn das alte Getriebe stark undicht ist und auch der Freilauf nicht mehr will, oder abnorme Geräusche aus seinem Inneren kommen, könnte das Grund genug sein, das Getriebe zu wechseln (reparieren lassen, nicht wegwerfen!!).

Es ist empfehlenswert, den Ein- und Ausbau zu zweit vorzunehmen. Standardwerkzeug, sowie ein Abdrücker für Spurstangenkopf und Kugelkopf genügen.

Bevor das Fahrzeug aufgebockt und die Reifen demontiert werden, sollte man auch die Zentralmutter der Antriebe lösen. Die Antriebswellen sollten gleich mit gewartet werden.

Merke: Mit einem Drahthaken die Vorderachse fixieren, die Bremsschläuche dürfen nicht belastet werden (siehe Bild).
Bei so umfangreicher Schrauberaktion lohnt es sich natürlich, auch andere Reparaturen mit zu erledigen. Tobias hat gleich noch die oberen Querlenker gewechselt. Dafür muß man die Federn mit einem geeigneten Werkzeug spannen.
Hier ist größte Vorsicht geboten, falsch angesetzt, schief gespannt oder ungesichert, kann die Feder gefährlich werden.
Bevor man die Feder entnimmt, merkt man sich die Einbaulage (Position Federende unten).
Meine persönliche Empfehlung: neue Querlenker zuvor galvanisieren lassen. Mit einer Schicht Zink unterm Lack, erhöht sich die Lebensdauer wesentlich!
Es ist alles zu demontieren, was Motor und Getriebe im Auto "versorgt". Kühlwasser ablassen, Leitungen, Bowdenzüge, elektrische Leitungen sind zu demontieren, ebenso Schaltgestänge und Silentgummis.
Man stellt das Auto vorn auf Böcke, entfernt auch die Räder.
Ein Scherenwagenheber ist besonders nützlich, um Motor und Getriebe abzustützen.
Die Auspuffanlage ist nach dem Lösen gegen Herabfallen und starkes Durchhängen zu sichern.
Neben der Benzinleitung muß natürlich auch der Anlasser gelöst werden. Vorher Batterie abklemmen, damit es nicht ausversehen zu einem Kurzschluß kommt.

Anders als beim Wartburg 311/ 312, kommt man beim Wartburg 353 ausgezeichnet an den Motor heran. Bisher habe ich meine Motoren allein ein- und ausgebaut. Jedoch in Anbetracht der ca. 90kg und den stark belasteten Bandscheiben sollte man diese Aktion zu zweit angehen. Ich stelle mich meist mit einem Bein "in das Fahrzeug" nähe Krümmer.
Wer einen kleinen Kran (wie Tobias) oder einen Flaschenzug hat, kann den Motor damit herausheben. Das Getriebe muß entsprechend abgestützt werden (Scherenwagenheber).

Laut Handbuch kann eine spezielle Halterung in die Kerzenbohrungen geschraubt werden, an der der Motor hoch gehoben werden kann. Tobias hat sich dabei leider ein Kerzengewinde demoliert und muß nun noch den Zylinderkopf wechseln.

Das Mittelstück der Stoßstange sollten entfernt werden und eine Decke über Rahmen und Schürze gelegt, schützt vor Schrammen!
Man muß schon einiges an Geschick aufwenden, um ganz allein das Getriebe ein oder auszubauen.

Zuvor sind die Antriebswellen herauszunehmen, dafür wurde zu Beginn die Vorderachse gelöst.
Zuerst zieht man den Antrieb radseitig heraus, dann auf der Getriebeseite, indem man zugleich mit einem Tuch in der Hand unter das Dreifingergelenk greift. Man Umschließt das Gelenk, um zu vermeiden, das die Stifte und Hülsen verloren gehen. Ein Stück Bindedraht sichert das Tuch und damit das Gelenk einstweilen.
Es ist möglich, ohne die Vorderachse zu zerlegen, das Getriebe zu wechseln. Man muß jedoch jeden Millimeter Platz nutzen, das Getriebe seitlich drehen, um die Antriebe ein- und auszufädeln. Ungeübte sollten jedoch wenigstens eine Antriebswelle herausnehmen.
Viele Getriebe haben in der Nähe des Ölstabes eine Gußnase mit Bohrung. Dort oder an der Schraube für den Masseanschluß kann man einen kräftigen Draht befestigen, an dessen anderes Ende ein Griffholz befestigt wird. So kann man bequem eine Hand an der Kupplungsglocke, die andere Hand am Griffstück mit dem Draht, das Getriebe ein- oder ausfädeln. Natürlich muß der Getriebe-Silentblock am Rahmen unten gelöst werden.
Das Dreifingergelenk ist zu reinigen. Wegen des meist sehr dünnflüssigen Fetts, ist Vorsicht geboten, die Kugeln rutsch schnell runter und der Inhalt geht "stiften".
Ist kein grober Verschleiß festzustellen, zieht man die Kugel ein klein wenig hoch und fettet direkt die Stifte und dreht dabei die Kugeln, so das alles mit Fett "verkleistert" ist. Die Adhäsionskraft erleichtert den Einbau, weil nun die Kugeln nicht gleich abrutschen, wenn man mal keinen Finger drunter hat.

Falls doch einmal eine Kugel abgefallen ist und die Stifte herumliegen, dann heißt es zählen, alles schön saubermachen und per Fett die Teile "zusammenkleben". Aufgrund des Schliffs ist es nicht egal, wie herum die Kugel aufgesteckt wird!

Antriebswellen des Wartburg 311, 312 (altes Getriebe), 353 und 1.3 sind unterschiedlich und können untereinander nicht getauscht werden. Dies gilt auch für die Dreifingergelenke. Die Anzahl der Stifte pro Kugel muß ich noch zählen....