Motor Wartburg Camping 312 - Nr. 1

Man kann sich Kolben selbst beschaffen oder diese Aufgabe der Motorenschleiferei überlassen. Jedoch sollte man sich im klaren sein, daß man vielleicht ein Schleifmaß überspringen muß, weil eine bestimmte Kolbengröße nicht mehr aufzutreiben ist. Ich hatte Glück und konnte meinem Motor das erste Schleifmaß spendieren. Die Kolben wurden noch einmal von der Zylinderschleiferei (Fa. Kühnapfel - meine Empfehlung) ausgemessen, um festzustellen, ob die eingeschlagene Größe tatsächlich stimmt. Siehe da, 2 Kolben hatten statt der angegebenen 73,69 mm nur 73,68 mm Durchmesser. Wichtig ist, das man dann nichts mehr vertauscht. So könnte ich auf meinen Motor an der Vergaserseite -1 0 -1 ranschreiben, da die Zylinder passend zum Kolben geschliffen und gehont sind.
 


Zwischenzeitleich hat Fa. Eisenacher Kurbelwellenmanufaktur meine alte Kurbelwelle zerlegt, gereinigt und mit neuen Lagern wieder zusammengesetzt, Pleuel nachgearbeitet und alles einbaufertig ausgewinkelt und gewuchtet.
Meine gepolsterte Transportkiste erfreute den Meister, er beklagt, daß er oft die lächerlichsten Verpackungen (per Post) erhält, wo Pleuel schon durchgucken und alles verbogen ist.
Für die, die es nicht wissen sollten, man kann die Keilriemenscheibe nicht verdreht auf die Kurbelwelle BM 312/ 353 setzen. Die Befestigungslöcher sind asymmetrisch angeordnet.

Zylinderblock und dazu gehörendes Unterteil sind selbstverständlich gründlich von Ölkohle u.a. zu reinigen. Den frisch bearbeiteten Motor sollte man bald zusammenbauen und vor Rost schützen!
Mit den Dichtflächen (auch während des Transportes) ist sorgsam umzugehen, wenn der Motor später wieder dicht sein soll.

Wo es nötig ist, reinigt man auch Gewinde und Wasserkanäle.
Um die Kolben zu montieren, sind diese gleichmäßig auf 60 - 80°C zu erwärmen. Man kann das im Ölbad machen oder auch im Backofen. Keineswegs mit der Lötlampe oder einfach auf eine Heizplatte gestellt! Dadurch werden Kolben unbrauchbar, das sie sich verziehen.
Da die Kolben neu und trocken sind (also nicht riechen), habe ich die Methode Backofen vorgezogen.
Eventuell sollte man das erst machen, wenn die bessere Hälfte außer Haus ist, um den häuslichen Frieden nicht zu gefährden. (Also etwas unterlegen und die Kolben nicht mit der nackten Hand anfassen, da sie ab 40°C immer schwerer werden...
Als Rechtshänder nimmt man die Kolben per Handschuh gleich so in die linke Hand, das sie  nicht mehr hin und her gedreht werden müssen. Alles muß schnell gehen, weil die Kolben rasch auskühlen.
So ein Kolben hat eine kleine Kerbe am Kolbenhemd, welches zur Vergaserseite zeigen muß. Am besten man übt das zuvor im kalten Zustand, um nicht murks zu machen.
Da ich über Werkzeuge verfüge, um Kolbenbolzen einzusetzen, geht das Einsetzen des Kolbenbolzens in den erwärmten Kolben "butterleicht", ohne Probleme. Ein Verbiegen des Pleuels und Hammermethoden scheiden also aus!
Ich bin mit jedem einzelnen Kolben direkt von der Küche in den Keller gegangen, um die Montage vorzunehmen. Wer es darf, kann das ja in der Küche auf dem Tisch machen.
Bevor die Kurbelwelle in den Zylinderblock eingesetzt werden kann, sind die Abdichtung auf der Seite der Schwungscheibe und die Keilriemenscheibe zu montieren. Damit ein Helfer die Kurbelwelle festhalten kann, schraubt man am besten auf jeder Seite noch einen Stehbolzen als Griff ein.
Die Kolbenringe sind korrekt zu positionieren. Ein winziger Stift in der Ringnut sorgt dafür, daß der Kolben sich später nicht verdrehen kann. Die Öffnung der Ringe muß also genau dahin bewegt werden.

Das Einfädeln der gut geölten Kolben in die geölten Zylinder beginnt man mit dem mittleren Kolben. Hierfür sollte man sich etwas Zeit und einen Helfer mit kräftigen Armen nehmen.
Die Kolbenringe drückt man, sofern kein Werkzeug für die Ringe vorhanden ist, mit spitzen Fingern zusammen.
Das Einfädeln ist einfach. Vorsichtig "schnackelt" man die Kolben dabei etwas hin und her, bis sie von allein in den Zylinder rutschen. Die Kurbelwelle ist entsprechend nachzuführen. Ein verkanten der Kolben ist zu vermeiden. Kolbenringe sind hart wie Glas und brechen schnell, wenn sie verkanten. Ersatz ist kaum kurzfristig aufzutreiben und man kann nicht beliebige Ringe verwenden. Lieber zieht man die Kolben noch einmal zurück und fängt von vorn an.
Die Kurbelwelle und vor allem ihre ebenfalls geölten Dichtringe neben den Lagern in der Mitte sind auf korrekten Sitz zu prüfen. Man versieht die Dichtfläche mit entsprechender Dichtmasse (jeweilige Anweisung dazu beachten) und kann nun das Unterteil aufschrauben. Reihenfolge und Anzugsmomente der Schrauben finden sich, wenn noch nicht geschehen, in Kürze auf meiner Homepage.
Da die Kolben im OT über die Zylinderfläche hinausstehen, sollte man entsprechende Vorkehrungen treffen, das die Last des Motors nicht unnötig auf einem Kolben ruht.
Bevor die Schwungscheibe montiert werden kann, ist das nicht übertrieben gefettete Nadellager für die Getriebeabtriebswelle einzusetzen.
Die Schwungscheibe muß wieder in die markierte Richtung (Kolben 1 im OT) gebracht werden, bevor sie verschraubt und gesichert wird.
Im weiteren sind dann die Kupplung zu montieren. Ein Zentrierdorn ist hier nicht zwingend erforderlich. Man kann sich auf seinen Tastsinn und Auge verlassen.
Ab jetzt kann der Motor direkt im Wartburg plaziert weiter vervollständigt werden. Ebenso kann er vollständig außerhalb des Autos komplettiert werden.
Die ersten Kurbelwellenumdrehungen per Hand gehen noch etwas schwer (nicht ohne zu ölen drehen --> Zweitaktöl). Doch dann läuft alles bald recht leicht.
Fahrzeuge älterer Baujahre haben eine Verschraubung zwischen Motor und Getriebe mehr, als neuere Baujahre.

Künftig ist meine Benzinpumpe thermisch über eine entsprechende Pertinaxscheibe entkoppelt.
Einen verrosteten Krümmer und Schrauben sollte man nicht als normal und selbstverständlich akzeptieren! Man kann dagegen sehr wohl etwas tun!
Stehbolzen sollten nicht verrostet eingesetzt werden. Hier hilft dauerhaft, sie galvanisieren zu lassen. Einer der späteren Anweisungen des AWE zur Folge, sind die Stehbolzen leicht zu fetten. Wer das nicht macht, riskiert in späteren Jahren derart vergammelte Stehbolzen, das sich der Zylinderkopf nicht mehr abnehmen läßt.

Ob Wartburg 311/312 oder Wartburg 353/ 1.3: Es sollte mal langsam allen interessierten klar werden, daß es sich hier um Fahrzeuge handelt, die längst seltener sind, als viele Mercedes Oldtimer!
Lassen Sie sich Ihr Fahrzeug nicht abwerten und vor allem, tun Sie es nicht selbst! Pflegen Sie Ihr Fahrzeug, um lange Freude damit zu haben.
Sobald der Zylinderkopf montiert ist (Anzugsmomente und Reihenfolge beachten), können Schläuche, Verkabelung, Anbauteile montiert werden.
Kühlwasser auffüllen, alles auf Dichtigkeit prüfen.
Krönender Abschluß ist das Einstellen des Zündzeitpunktes.
Meine ganz klare Empfehlung lautet: legen Sie sich unbedingt eine kontaktlose Zündanlage zu, wie hier im Bild die Steini-KTZ. Fortan verfügen Sie über:
  • konstante, separat einstellbare Zündzeitpunkte
  • leichter einzustellen, als Kontakte
  • Kurzschlußschutz, Verpolungsschutz
  • verfügbar für 6 und 12 V
  • deaktiviert die Zündspulen bei Stillstand und schützt daher vor Schäden
  • keine externen Bauteile, absolut unsichtbar im Gehäuse
  • keine Veränderungen an der wertvollen Substanz, jederzeit zurückzubauen