Motor 353

Mein Tourist bekam kürzlich seinen 5. Motor
Ist klingelfreier Betrieb möglich?
verschiedene Voraussetzungen zur Klingelneigung
Maßnahmen gegen das Klingeln
Einstellungsvariante in der Kundendienst-Information des VEB AWE


Mein Tourist bekam kürzlich seinen 5. Motor (Sept. 2002)

Der Erstbesitzer hat - das kann man sagen - versuchte, sehr pfleglich mit dem Auto umzugehen. Er ist auch wenig gefahren.

Der Zweitbesitzer kaufte den Tourist nach 1990. Das Auto bedeutete ihm wenig, er leistete sich lieber Grundstücke, teure Volvos und Mercedes. In seinem Auftrag habe ich dann den 2. Motor eingebaut, da gehörte mir das Auto noch nicht. Das war irgend ein Gebrauchtmotor. Später, als ich meinen ersten Wartburg aufgeben mußte, wechselte ich den (2.) Motor des Tourist, der offensichtlich schon bald am Ende seiner Lebenszeit war, gegen den gebrauchten meiner Limousine. Das war folglich der dritte Motor.

Dieser "dritte" Motor, "Der Zuverlässige", war prima. Ausdauernd, zuverlässig und leistungsstark. Ich nahm ihn nach ca. 170.000 km sicherheitshalber heraus, weil er bereits die typischen Lagergeräusche machte und ich regelmäßig zwischen Berlin und dem Frankfurter Raum pendeln mußte. Da ich seinerzeit diesen für meinen ersten Wartburg gebraucht kaufte, bleibt nur eine Schätzung der km Leistung. Gegenwärtig steht er bei mir fix und fertig generalüberholt auf der Werkbank und wartet auf Einsatz. 

Motor Nr. 4, "Der Ausdauernde", stammt ebenfalls von einer Autozerlegerei und machte mich anfangs skeptisch. Er klapperte schon beim Drehen von Hand und lief etwas unwuchtig. Überraschenderweise fuhr ich ihn selbst  ca. 100.000 km. Wahrscheinlich hat er jetzt seine 170.000 - 190.000 km herunter. Meine Vermutung, eine Schraube von der Kupplung könnte weggesprengt sein, bestätigte sich erfreulicher Weise nicht. Auch Lager und Dichtung meines Getriebes sind immer noch intakt. Nach der Demontage stellte ich fest, daß ich die Kurbelwelle fast 1 mm anheben konnte. Der Wechsel wurde also Zeit!

Motor Nr. 5, "Der Problematische", hat eine eigene Geschichte. Ein Bekannter in Berlin verschrottete seinen Wartburg und ich baute mir dessen Motor vorher aus. Er erklärte, daß das ein toller Motor sei, den er von einem Spezialisten, angeblich einem ehem. DDR Rennsportler abgebettelt hatte, als er eine Motorpanne hatte. Der Motor sei besonders "ausgesucht" und peinlichst vermessen und gewuchtet, aber nicht getunt. Tatsächlich fuhr ich ihn (in meiner Limousine) nur ein paar 10.000 km. Denn schon 10 km Autobahn mit 80 - 90 km/h, führten zu regelmäßigen Kolbenklemmern. War wohl doch kein Spezialist. Zwischenzeitlich war er zerlegt, wurde geschliffen und hat neue Kolben erhalten.

Heute (Mai 2003) hat mein Tourist ca. 315.000 km runter. davon bin ich in den letzten 10 Jahren - im wesentlichen mit den gebrauchten Motoren 3 und 4 - etwa 260.000 km selbst gefahren. Das klingt doch ganz ok., oder?

Januar 2009, nach etwa 83.500 km ist der Motor "Nr. 5" bei -14°C endgültig festgegangen. Vor ein paar Tagen, ca. 300km zuvor, kündigte er seinen Abschied an, indem er zweimal kurz hintereinander auf der Autobahn einfach ausging.
Ich war gerade auf einem Autobahndreieck und ließ den Wartburg bei kaum 80 km/h rollen. Temperatur- und Ölprobleme gab es nicht. Völlig geräuschlos ging der Motor aus, ich dachte noch, daß ich vielleicht noch einmal den Leerlauf kontrollieren sollte. Starten und anrollen bei gesperrtem Freilauf waren unmöglich, nur die Kupplung quietschte dabei. Also rollte ich aus und mußte mich von meiner Frau abschleppen lassen. Zum Glück war es trotz Kälte ein sonniger, trockener Tag iund in Luftlinie befand ich mich nur ca. 25km von der Garage entfernt.
Nächsten Tag machte ich mich munter ans Werk. Bei -14°C wechselte ich dann in der Garage den Motor, baute den zwischenzeitlich aufgearbeiteten Nr. 3 wieder ein.

Ist klingelfreier Betrieb möglich?

Naja, so richtig klingelfreier Betrieb, wie bei modernen Autos, ist kaum drin. Jedoch sollte sich das Klingeln nur auf kurze Belastungen beim Beschleunigen, bei Bergauffahrt oder im Anhängerbetrieb, beziehen. Ansonsten muß und sollte weder Trabant noch Wartburg oder Barkas permanent klingeln, wie formulierte Klaus das treffend: "klingeln, wie die Sammelbüchse der Heilsarmee". 

Ich denke, wenn das Klingeln auf nur eine Ursache zurückzuführen wäre, könnte man das ruckzuck abstellen. Leider kommen viele Komponenten dafür in Frage.
Ich habe auch kein Rezept, wie man der Klingelei endgültig ein Ende bereitet. Wenn man es jedoch ignoriert, ruiniert man sich sein Triebwerk. 

Meine Motoren Nr. 3 + 4 klingelten eigentlich nie. Motor 5 innerhalb der ersten 2000 km auch nicht. Dann hatte ich einen Klemmer, habe den Kolben gewechselt (jetzt ist er wieder völlig ok) und mit zunehmender Einfahrzeit, stellte sich auch das Klingeln ein.

Es ist nicht dramatisch, aber egal was ich mache, er klingelt innerhalb bestimmter Drehzahlen recht schnell. Er läuft mit den selben Vergasereinstellungen, derselben Auspuffanlage...
Seit dem ich jedoch die drehzahlahängige Zündanlage (Kennlinienzündung) fahre, klingelt nichts mehr!

Die Klingelneigung

eines Zweitaktmotors wird von verschiedenen Voraussetzungen mitbestimmt:

um mal hier die wesentlichen zu nennen.

Einige ungünstige Faktoren könnte man "bereinigen", wenn man eine dynamische Zündzeitpunktverstellung (Drehzahl) in Abhängigkeit zur Drosselklappenöffnung zur Verfügung hätte. Diesem Problem wollte ich mich längst widmen, mir fehlt aber die Zeit.
Ich habe meine Zündung so weit verändert, das ich bequem fahren kann.

Bei meinem Motor Nr. 5 hatte die Klingelneigung wahrscheinlich zwei Hauptursachen:

Wenn ich Fernfahrten unternahm, öffnete ich daher ein paar Millimeter den Shoke, ohne daß ich dadurch nennenswert mehr Sprit verbrauchte (Mäusekino). Der Einsatz von Bleiersatz hat sich bei mir als sinnlos erwiesen. Dennoch würde ich nicht sagen, das mein "problematischer" Motor Nr.5 klingelte wie eine "Sammelbüchse".

Weitere Maßnahmen gegen das Klingeln können folgende sein:

Eine weitere Einstellungsvariante findet sich in der Kundendienst-Information des VEB AWE:

Zündzeitpunkt v. Zyl. 1 : 2,5 mm vor OT
Zündzeitpunkt v. Zyl. 2+3: 3,6 mm vor OT

Größere Vergaserhauptdüsen sollten nur im äußersten Notfall eingebaut werden, da hierdurch die Verbrauchs- und Abgaswerte ungünstig beeinflußt werden. 

Noch einen Hinweis: wer Tuningtipps sucht, dem empfehle ich bei WartburgTuning vorbeizuschauen. Ein Handbuch gibt es bei mir ebenfalls nicht. Alles was ich hier anbiete, sind ein paar Fotos verbunden mit einem bißchen Lesestoff; Dinge, die nicht im Handbuch zu finden sind. Viel Spaß!