Restaurierung Fahrwerk 353W

Teil 3, die Antriebswellen werden aufgearbeitet

Aug
19
2007

Die Manschetten meiner Antriebswellen sind zwar nicht kaputt (Ich hatte die Wellen vor einem Jahr ausgebaut und neu geschmiert), aber das Gummi zeigt leichte Risse. Also entschließe ich mich, sie zu ersetzen.
Zum Glück verfüge ich über das erforderliche Werkzeug. Während die Reparaturhandbücher vorschlagen, den Spritzring mit der weiteren Hilfe eines Hammers und Schraubstocks abzunehmen, verwende ich lieber einen Abzieher.

 

Wichtig ist, das man zuvor die Welle neben dem Spritzring gründlich reinigt und ggf. mit feinstem Sandpapier entrostet. Ein Tropfen Öl hilft, den Spritzring unbeschadet abzuziehen.
Mit einer Seegeringzange nimmt man nun noch die Seegeringe ab und öffnet die Gummis. Das Auffangen des Öls ist wohl selbstverständlich. 

 

Die Einbaulage des "Dreifingergelenks" sollte man sich schon merken. Es gibt verschiedene Ausführungen (symmetrisch/ unsymmetrisch).
Während im Reparaturhandbuch zum Abziehen des Zapfensterns ein großes Spezialwerkzeug verwendet wird, habe ich festgestellt, daß die Zapfensterne leicht abgenommen werden können. Manchmal hilft ein kleiner 3-Arm-Abzieher; Kräfte und Flüche waren nie nötig, egal wie die Antriebswellen auch immer aussahen, die ich bereits zerlegt habe. Und das sind viele!
Alles wird gereinigt und auf Verschleiß untersucht. Klar, man muß ständig aufpassen, daß die Ringe (Kugeln) auf den Zapfensternen nicht herunterfallen und sämtliche Stifte hinterher. Am besten, man setzt sich gleich auf den Fußboden und legt ein sauberes Tuch unter den Zapfenstern.
Unter einer Kugelschale sollten sich 27 Nadeln befinden, wenn ich mich nicht irre. Lücken für "noch eine Nadel zusätzlich" sind nicht vorhanden, oder etwas stimmt nicht!
Die Kugelschalen sind unsymmetrisch geschliffen. D.h., es ist nicht egal, wie herum man sie aufsteckt! Die Kugelschalen gehören so auf den Zapfenstern, daß sie nach außen deutlich schlanker werden.

Man erleichtert sich die spätere Montage, wenn man die Kugelschalen zur Hälfte anhebt und ringsherum auf die freiliegenden Nadeln frisches Fett draufstreicht. Anschließend die Kugelschalen wieder drauf schieben. Das Fett sorgt für gute Haftung bei der Montage.  

 

Auch neue Gummis kontrolliert man genau. Immerhin sind diese auch bereits mindestens 17 Jahre alt! Die Innenflächen der Gummis sind gründlich zu reinigen. Abrieb, Staub usw. habe dort nichts zu suchen und sollen sich später auch nicht mit dem Öl vermischen oder verklumpen.
Zur getriebeseitige Manschette müssen nicht viel Worte gemacht werden. Der Wechsel kann auch hier nur im ausgebauten Zustand erfolgen, wenn der Zapfenstern abgezogen ist. Auf der Welle befindet sich zum Abdichten ein passend gearbeiteter Sitz und ein Federband hält das Gummi dort fest und dicht. Ein Spannband sollte man dort nicht verwenden, denn durch die Längenänderung bei Radeinschlag und Fahrwerksfederung, pumpt die Manschette. Ein Druckausgleich erfolgt dann über die winzige Nut im Gummi. Das Federband ist elastisch, so daß sich eine Art Ventil ergibt.

 

Man kann sich das Aufziehen der Gummis erheblich erleichtern, wenn man Kollege Schraubstock bittet, alles schön festzuhalten. Wenn die Gummimanschetten korrekt sitzen, sichert man sie mit dem Spannband. Neue Gummis sind recht straff und mit fettigen Fingern ist das u.U. eine Popelei, beide Manschetten in die vorgesehene Nut zu legen.
Scharfe Gegenstände verbieten sich, wenn man sich die Manschetten nicht zerstören will. Ein kurzer, aber kräftiger Schraubenzieher ohne scharfe Flanken ist hilfreich. Zaghaftes ziehen der wenigen gebrauchten Millimeter hilft nicht viel. Am besten ist, man fäßt die jeweilige Manschette so, als wolle man sie fast 2 cm über die Mittelnut legen. Dann klappt das.
Und zwischendurch nicht vergessen: immer eine Hand sauber und frei für den Fotoapparat haben!

 

Das Reparaturhandbuch schlägt zum Befüllen der Gelenke etwas vor, was nur im eingebauten Zustand zweckmäßig ist.
Meine Empfehlung ist folgende:
Solange Kollege Schraubstock die Welle senkrecht festhält, läßt man den Spritzring solange weg, bis das Öl aufgefüllt ist. Natürlich müssen Spannband und Seegering angebracht sein.
In die Manschetten kommen nur 100 bis max. 120g Getriebeöl SAE90 hinein!
Anschließend kann der Spritzring aufgeschoben werden (der geöffnete Rand zeigt in Richtung Mitnehmer, also Radseite).
Wichtig, um späteren Problemen vorzubeugen: Der Spritzring muß sauber und rostfrei sein. Falls der Ring nicht mehr rund ist, diesen bitte vorher plan richten!
Ein Tropfen öl läßt den Ring leicht gleiten. Mit Hammer und 'nem Stück Rohr befördert man ihn in seine Endposition.  

 

Sobald der Zapfenstern montiert ist, sichert man diesen z.B. mit einem Gummiband (XXL-Fahrradschlauch). Tüte drüber, um Staub und Dreck fern zu halten; die Fettfüllung gibt es erst bei der Montage.

Meine Antriebswellen haben keinen spürbaren Verschleiß. Daher kann ich alles weiterverwenden. Wer jedoch feststellt, das da etwas klappert, zuviel Spiel hat usw. muß entweder reparieren oder austauschen.

Mit dem Fotografieren ist das während der Arbeit immer so eine Sache. Weil ich zwei Wellen aufarbeite, hier noch einmal die ganze Prozedur an der anderen Welle:  

 

 

 

 

Bild links: Ein Rest Getriebeöl genügt für beide Antriebe.
Bild mitte: Zapfensterne: vorn symmetrische Ausführung, hinten unsymmetrisch. Anwendung bei verschlissenem Getriebemitnehmer.
Bild rechts: links ein Zapfenstern vom 353, rechts ein Zapfenstern vom 312'er. Dazwischen eine Kugelschale und eine Nadel vom 353'er.

 

Ich melde schon einmal vorsorglich die Urheberrechte zu dieser Idee an! So eine Kugelschale ist ein famoser Schmuck für die werkstattgepflegte Hand. Mir paßt das Dingens wie angegossen.  

 

Die DEA Flasche soll keine Schleichwerbung sein. Ich hebe leere Ölflaschen meist auf, um das Altöl wieder aufzufangen, um es z.B. an der Tankstelle entsorgen zu lassen.  

 

Und hier noch einmal für die Verfechter der Originalität zwei Fotos, warum ich an der Antriebswelle auf keinen Fall mit Spannbändern fahre. Diese Welle ist werksneu, d.h. sie ist noch nie gefahren. Ich habe sie nur zum Zweck dieser Fotos mal eben radseitig eingelegt.
Wie unschwer zu erkennen ist, drückt die Öse bei Lenkbewegungen in die Manschette und reibt dort irgendwann ein Loch hinein (aus eigener Erfahrung!)