Getriebe BM311 vollständig zerlegen

Mär
16
2008

Mit freundlicher Genehmigung Detlefs, darf ich Ihnen hier tiefe Einblicke in das Getriebe BM311 (ähnlich BM312) geben. Schauen wir ihm bei der Instandsetzung über die Schulter und lauschen seinen Worten:

Weil das Getriebe in meinem 311'er mittlerweile im ersten Gang mächtig verdächtig zu heulen beginnt, die Gänge auch nicht so richtig flutschen und der Rückwärtige doch öfters mal nein sagt, hab ich mich entschlossen, ein Getriebe aufzubauen, damit ich, wenn es etwas wärmer ist, nur noch tauschen muß.

Gut, die Abzieher und Spezialwerkzeuge hab' ich noch von meinem Vater, wenn auch da nicht so schöne zu sehen sind, wie hier auf Peters Seite. Achtung Peter, ich handele auf eigene Gefahr. Ich weiß das Du davon abrätst mehr als den Freilauf zu wechseln und das ist auch gut so! Hier sollte man wirklich nur weitermachen, wenn man glaubt zu wissen, was man da tut

Also hab ich mir einen Stapel Getriebe genommen und angefangen zu befunden und nach brauchbaren Teilen zu suchen, die ich auch nicht alle immer parat hab.
Eins kann ich Euch sagen, wenn man acht Getriebe zerlegt, haben acht Getriebe die selben Macken. Würde man neun zerlegen…..
Schwachpunkt bei allen Getrieben: das Drucklager vom Kegelrad in allen Variationen, oftmals schon beim Herausnehmen des Differentiales zu sehen, wie hier (Bild links), Käfig geplatzt.
Ein weiterer Schwachpunkt ist der Freilauf, die Bilder dazu stell ich noch ein, sind mir nicht so gelungen.
Hier mal ein Bild (mitte) von einem "Schnellschalter". Die Syncronisierung hat es nicht geschafft, das Rad rechtzeitig abzubremsen. Ergebnis ist Zähneputzen.
Zum Vergleich, hier (rechts) ein funktionsfähiges Rad vom 3. Gang. Nur zur Erklärung, ich meine die Zähne für die Schaltmuffe.

 

Auch diese Rückwärtsräder haben schon mächtig Karies (links). Bei den Schaltgabeln sind die Ergebnisse auch alle nicht besser. Hier Gabel erster Gang (Bild mitte), die hat sogar aussen schon geschliffen. Oder hier 3./4. Gang (Bild rechts), eingelaufen vom feinsten. Ich vermute vom ruhenden rechten Arm auf dem Schalthebel.
Nach der Bestandsaufnahme und dem reinigen der Teile geht’s an den Zusammenbau. Bei einem Dreher werde ich mal das Spiel der Nadellager messen, hab' nämlich leider keine Drehbank, wo ich die Welle zuverlässig spannen kann.

Leider sind es fast immer die gleichen Fehler, die in den Getrieben auftreten.
Die Schaltgabel vom 3./4. Gang ist verschlissen.
Die Zahnräder des ersten Ganges bekommen Karies.
Am allerschlimmsten ist aber: Das Lager der Kegelradwelle zerlegt sich und wandert durch das ganze Getriebe bzw. durch Schiefstand der Kegelradwelle werden die Zahnräder des Teller und Kegelrades unbrauchbar.
Aber was kann man tun, um von außen bzw. im uneingebauten Zustand den Zustand eines Getriebes zu überprüfen?

  • Beide Mitnehmer montieren und gleichzeitig drehen. Dabei sollten nur normale Drehgeräusche entstehen. Rauscht das Getriebe stark, oder hört man eine Art klackern, als wenn Murmeln gegeneinander stoßen, ist mit Sicherheit schon das Lager der Kegelradwelle hin bzw. der Käfig geplatzt. Übrigens bekommt das Lager erst Pittings und dann platzt der Käfig!
  • Seitlichen Getriebedeckel entfernen und den Zustand der Zahnräder des ersten Ganges (geradverzahnung) beurteilen.
  • Hinteren Freilaufdeckel (4 Schrauben M6) entfernen. Mit einem Schraubendreher zwischen Gehäuse und Schneckenrad für den Tachoantrieb das Spiel der Kegelradwelle prüfen. Läßt sich das Schneckenrad schon deutlich bewegen, sollte man das Getriebe nicht mehr einbauen, ohne das Lager vorher zu wechseln!
  • Spiel der Eingangswelle überprüfen.
  • Freilauffunktion überprüfen, in dem man die Eingangswelle dreht und sieht wieviel Totweg es braucht bis er greift.

 

Ich sehe schon, da hab ich ja wieder mal was angestiftet.
Aber! Ich denke, das wird hier ein ganz interessanter Beitrag, für diejenigen, die das schon immer mal wissen wollten. Für die, die vor nichts zurückschrecken wird es sicherlich eine Bestätigung dessen, was sie schon immer wussten. Alles in allem wird man ja nicht dümmer davon

Ich hab' gestern Abend noch ein paar Bilderchen gemacht. Hier erstmal die Sternenkrieger vom Freilauf (Bild links).
Bild mitte: Beim dritten von links handelt es sich um eine regenerierte Version, die übergeschliffen wurde (erkennbar an den nach aussen gewanderten Eindrücken der Rollen und an den kleineren Stegen).
Hier noch ein wenig näher. Seltener sind schon diese "Eindrücke" in der Freilaufglocke (Bild rechts).
Wie das genau kommt, bin ich im Moment noch am Zweifeln, denn die Rollen drücken ja immer an einer anderen Stelle in der Glocke. Ich könnte mir aber denken, daß hier schon einige Zeit mit gesperrtem Freilauf gefahren wurde

 

Hier liegt schon ein neuer Freilauf parat. Schade, hätte eigentlich gern die ältere Version mit den 9 Rollen verbaut (Bild links).
Ja das Drucklager. Die bereits beschriebene Grübchenbildung (Bild mitte).
Das hat bestimmt schön gerollert Weitere Baustelle - gerade verzahnte Räder der Eingangswelle (Bild rechts).
Auch hier ist (hoffentlich) deutlich die Grübchenbildung zu erkennen Geräusche sozusagen inclusive.

 

Interessanter wird es bei den Synchronkörpern (links). Da muß man schon genauer hinsehen (mitte). Hier sind an den Anlaufstellen zum Reibkegel des Losrades 3. Gang schon deutliche Abnutzungen erkennbar. Folge: Schaltgeräusche!
Und hier noch zwei weitere Auffälligkeiten: Hier hilft garantiert kein Tachowellenwechsel mehr, um die Tachonadel still zu bekommen! (Bild rechts)  

 

Und hier noch mal eine kleine Nettigkeit des Getriebeinstandsetzers vor mir (leider unbekannt). Die Linksgewindemutter des Drucklagers. Sie war so mit dem Meißel angebrummt, daß da nix mehr war, um den Hakenschlüssel anzusetzen und als kleinen Schmankerl obendrauf war der Körnerpunkt zur Sicherung dermaßen heftig, daß er aufgebohrt werden mußte, um nicht auch noch die Kegelradwelle zu beschädigen!
Ihr seht: Da gibt es keine Langeweile

 

Die 312'er Getriebe sind im Prinzip baugleich mit den 311'er Getrieben. Einziger Unterschied ist die geänderte Gesamtübersetzung durch ein anderes Teller- und Kegelkrad (Achsantrieb). Zudem ist natürlich auch die Getriebeaufhängung geändert.
Grundsätzlich aber hat es die gleichen Probleme, wie die 311'er Getriebe und die Standfestigkeit ist auch nicht so hoch wie beim 353'er, da sich dort der Freilauf auf der Eingangswelle befindet, wird er nicht so hoch belastet wie beim 311'er, damit sollte eigentlich die Lebensdauer steigen.
Übrigens hat Peter auch so ein Getriebe in seinem 312/5.

Am letzten Wochenende hab ich noch das eine oder andere Getriebe auf der Suche nach brauchbaren Teilen zerlegt. Nun hab ich auch endlich eine brauchbare Schaltgabel für den 3./4. Gang gefunden, nach 7 zerlegten Getrieben
Sicher, ich hätte mir ja eine kaufen können, hab' leider keine finden können (wollen ), weil, ist ja Hobby .
Bevor ich Euch die ersten Bilder vom Zusammenbau zeige, hier mal noch ein paar kleine Impressionen aus der Rubrik: Wo rohe Kräfte sinnlos walten:
Abgeschliffene Zahnflanken, geborchene Schaltgabel 1./2. Gang, aber auch klassische Einbaufehler waren zu sehen (Bild rechts), Die Ölablaufbohrungen sind durch die Sicherungsbleche verdeckt

 

Es gab aber auch positive Überraschungen Hier mal ein Bild aus einem Getriebe, daß in einer Gartenfräse verbaut war! Das Differential ist beinahe neu und wiederverwendbar!

Doch nun will ich Euch nicht länger langweilen mit kaputte Bilder
Es geht an die Überholung und den Einbau in das ganze.  


Versäumen Sie es nicht, bei technischen Problemen am Wartburg entsprechende Fachbücher zu Rate zu ziehen.