Restaurierung Fahrwerk 353W

Teil 1, der Wartburg wird zerlegt

Aug
10
2007

Ich fahre viel, ich fahre alle Strecken, ich fahre zu jeder Zeit. Nachdem ich das gesamte Fahrgestell meines Camping alltagstauglich aufgearbeitet habe, wurde der Wunsch in mir immer stärker, das selbe auch meinem Tourist angedeihen zu lassen. Er ist zwar nur knapp halb so alt, hat aber deutlich mehr zu leisten und entsprechend auch eine viel größere Strecke auf dem Tacho verzeichnet. Ohne regelmäßige Pflege und Wartung wäre das auch gar nicht möglich gewesen. Immerhin kann ich sagen, daß ich ein sehr zuverlässiges Fahrzeug besitze, mit dem ich eigentlich nie Ärger oder Pannen habe.
Nach kurzer Planung entschloß ich mich also, dieses Jahr zu nutzen, mein Fahrgestell zu restaurieren. Wer mit dem Wort "Restaurierung" eher den Erhalt des aktuellen Zustandes eines Gemäldes verbindet, kann auch gerne Generalüberholung dazu sagen.

Natürlich geht es mir nicht anders, als den meisten Wartburgfahrern:
Alles darf sich nur in einem gewissen zeitlichem Rahmen *und hier reibe ich Daumen und Zeigefinger* bewegen.
Jedoch vermeide ich Geiz an der falschen Stelle und so habe ich in einigen Details meinem Fahrgestell erhöhte Aufmerksamkeit zukommen lassen. Irgendwo muß sich auch die Erfahrung niederschlagen. Letztlich soll mein nicht unerheblicher Aufwand in eine möglichst dauerhafte, haltbare Qualität münden. In der Autoindustrie würde man an dieser Stelle von Durchrostungsgarantie sprechen.
Ich überhole meinen Rahmen nicht aus technischen oder funktionalen Gründen, sondern ausschließlich aus Gründen des Rostschutzes, um das auf den Punkt zu bringen. Nun denken Sie aber bitte nicht, daß ich ein HU-Problem hätte oder mir das Auto unter dem Sitz wegkrümelt - nein, ich bin nur gründlich und beuge vor, bevor der TÜV-Onkel an meinem Wartburg etwas zum Beugen findet.
Für mich kam nach 23 Jahren täglichem Gebrauchs nur eine vollständige Aufarbeitung in Frage. Schönheitsreparaturen und kleineren technischer Erhaltungsaufwand hatte ich bis dahin zur Genüge vorgenommen.

Leider verfüge ich nicht über geräumigen Platz, Strom, Werkstatt, Hebebühne. Also gilt es, einiges zu organisieren. Schließlich fand ich in der Nähe eine hilfsbereite Werkstattmanschaft, die mir ihre Hebebühne zur Verfügung stellte.
Zu Transport- und Lagerungszwecken konstruierte ich aus Holz und Eisenprofilen einen Hilfsrahmen. Das Gewicht der kompletten Karosserie schätze ich auf ca. 600kg. Das sollte die Konstruktion aushalten, wobei sie ohnehin später mit zusätzlichen Böcken abgestützt wird.

Das Fahrgestell des Wartburg läßt sich recht unkompliziert von der Karosserie trennen. Eine Arbeit, die durchaus allein vorgenommen werden kann, wenn eine Hebebühne zur Verfügung steht. An meinem Auto gibt es keine vergammelten Schrauben, also eine reine Fleißarbeit, die ca. 2 Stunden dauerte.


Zur Demontage sind alle Schraubverbindungen zwischen Karosserie und Fahrgestell zu trennen:

  • je eine Auflage pro vorderem Kotflügel (Nierenscheibe)
  • je eine Auflage pro Längsschweller vorn
  • je eine Auflage pro Längsschweller hinten
  • zwei Auflagen unter der hinteren Sitzbank
  • je eine Auflage neben den hinteren Stoßdämpfern
  • Bolzen und Splint der Handbremse (wird gern vergessen)
  • Pedalblech + Pedalstempel (ab ~1977)
  • Hardyscheibe (Lenkung)
  • Schaltgestänge
  • Tachowelle
  • Freilaufseil
  • Auspuffhalterung Nachschalldämpfer
  • Anhängerkupplung
  • Gas- und Shokebowdenzug
  • Luftfilter
  • Bremsflüssigkeitsbehälter
  • Ausdehnungsbehälter
  • Wärmetauscher (Heizung)

Neben den mechanischen Komponenten, sind natürlich auch die elektrischen Anschlüsse zu trennen:

  • Batterie abklemmen
  • Anlasser
  • Bremsflüssigkeitsvorratsschalter, Bremslichtschalter und Schalter Rückwärtsscheinwerfer
  • Massekabel zwischen Vergaser und Karosserie
  • Massekabel zwischen Fahrgestell, Getriebe und Karosserie
  • Kraftstoffmomentanverbrauchsgeber
  • Zusatzscheinwerfer
  • EBZA bzw. Zündspulen + Kerzenstecker

Folgende Bilder geben noch einmal einen kleinen Überblick: